Home

 

Liebe Gemeinde, liebe Frau Vorsitzende Brandt, lieber Herr Stadtdekan zu Eltz – lieber Michael Thurn!

 

Dass ich hier ausgezeichnet werde, rührt mich sehr und freut mich – und ich danke hierfür der Stadtkirche von ganzem Herzen.

Ich danke auch für die große zugewandte Offenheit der Frankfurter Kirche, ohne die ich meine Argumente nicht in die Beschäftigung mit der Segensfrage hätte einbringen können. Danke dafür!

Diese Offenheit habe ich schon vor gut dreißig Jahren erfahren dürfen, als wir unser Projekt einer schwulen Gottesdienstgemeinde auf den Weg brachten. Ohne die Erfahrungen in diesem Projekt hätte ich mich vielleicht gar nicht mit dem Segen konkret für gleichgeschlechtliche Paare beschäftigt. So schließt sich der Kreis.

Wir haben über den Wunsch nach dem Segnen von wiederverheirateten Geschiedenen wie auch von gleichgeschlechtlichen Paaren in Frankfurt diskutiert, in unserm Bistum Limburg – der Synodale Weg wird es ebenfalls tun. Und vielleicht kommen wir dann weiter.

 

Katholisch heiraten können diese Paare nicht, wäre nicht wenigstens ein Segen ein würdiger Weg? Das ist manchen zu wenig – und manchen schon viel zu viel. Für die sieht es zu sehr nach Trauung aus. Aber ein Segen macht noch keine katholische Trauung. Eine Ehe, auch der gleichgeschlechtliche Lebensbund kommt durch das Versprechen der Partner, der Partnerinnen zustande – und das sieht der liebe Gott auch ohne den Segen eines Priesters.

 
Manche verstehen das anders, deswegen wird schon ein Segen zum Symbol für das Ehesakrament und in unserm Fall zu einer Bedrohung für die katholische Ehe.

Sogar die Möglichkeit überhaupt, gleichgeschlechtliche Paare zu segnen, wird bestritten, weil Gottes Plan diese Paare nicht vorsieht. Und dann noch Sex außerhalb einer heterosexuellen Ehe!

 

Und dennoch wünschen sich manche von der Kirche wenigstens einen Segen. Warum?

Segnen kann jede und jeder von uns, und Gott um seinen Segen bitten ebenfalls. Aber wenn die Kirche selbst in einem ihrer Vertreter oder einer ihrer Vertreterinnen Gott um seinen Segen für ein gleichgeschlechtliches Paar bittet, wird die Geste zum Zeichen eines Wandels der Kirche, die Gottes Liebe zu und in den konkreten Menschen nun noch tiefer versteht und sich ihr auszuliefern bereit ist. Ein starkes Zeichen.

 

Es gibt neben den sieben Sakramenten der Kirche unzählige Sakramente: Begegnungen und Gesten, die über sich hinausweisen und für gläubige Menschen den Moment und die Welt sogar durchsichtig und durchlässig machen für den Gott, der uns liebt und trägt.

Und so könnten wir in dieser Bitte der Kirche um Gottes Segen für ein gleichgeschlechtliches Paar sogar ein neues Sakrament erkennen: das Sakrament des einschließenden Segens.

 

Ein Segen, der, anstatt dieses Paar in Wort und Tat auszuschließen, es respektiert, es würdigt und ihm und seiner Liebe und Freude und Hoffnung mit Freude und Hoffnung und Liebe begegnet. Ein Segen, der unter seinen Händen die Verletzungen und Zurücksetzungen des Paares sammelt – auch die aus Kirchenmund und durch Kirchentat – und ihm Heilung und Gerechtigkeit zuspricht – denken wir an die Seligpreisungen im Evangelium.

Eine Tat, eine gute Tat wäre das, die über sich hinausweist, über den konkreten Moment hinaus das Leben des Paares, aber auch das der Familien und Freunde und sogar der Kirche berührt und ein Stück weit heilt und ihm eine neue Grundlage gibt. Es wäre auch ein Sakrament der Gerechtigkeit.

In dieser Liebe und Gerechtigkeit lassen wir den lieben Gott herein, erkennen und erfahren wir ihn: Er selbst handelt im Segen. Gott sei Dank!

 

Schauen wir mal, wieviel offener Sinn für die Möglichkeiten uns in dieser Sache begleitet und wohin uns das führt!

 

Frankfurt am Main,den 29. August 2021
Georg Trettin